Fahrradhelm - Erlebnisse und persönliche Berichte

Überzeugender als Studien sind natürlich eigene Erfahrungen. Oder die Berichte von guten Freunden.

Allerdings: Sie müssen im Mittel schon mehr als sieben mal um die Erde fahren, um einen Unfall mit nennenswerten Folgen zu erleben. Und erst auf 900 Erdumrundungen kommt ein toter Radfahrer. Daher vergehen glücklicherweise Jahrhunderte, bis Ihr Freundeskreis genug Fälle zusammenbekommt.

Trotzdem meinen etliche Radler, dass der Helm ihnen das Leben gerettet hat, oder sie zumindest vor schweren Schäden bewahrt hat. Widerspricht das nicht den Statistiken?

Ein Grund für die Vielzahl der Helmrettungs-Berichte ist, dass die Wirkung der Helme oft unbekannt ist. Wenn der Helm nicht völlig zerstört ist, hat er nicht gewirkt. Hier wurde kein Leben gerettet.

Ein Fahrradhelm besteht zum Grossteil aus sprödem Plastikschaum, Styropor, der auch für billige Verpackungen verwendet wird. Nach Herstellerangaben muss ein Helm gewechselt werden, wenn er auch nur einmal auf den Boden gefallen ist. Ganz alleine, ohne Radler und ohne Unfall. Daher bewirken auch ganz leichte Unfälle schon schwere Schäden am Helm. Und gerade diese Empfindlichkeit lässt dann ironischerweise viele Radler an eine beeindruckende Wirkung glauben.

Obwohl 91% der Fahrradfahrer helmfrei unterwegs sind, scheint ihnen viel weniger zu passieren als den Helmträgern - diesen Eindruck kann man jedenfalls bei den Schreckensberichten der Helmträger gewinnen. Der Autor selbst ist dieses Jahr schon dreimal aus voller Fahrt (25-30 km/h) mit entsprechen Folgen gestürzt, aber am Kopf keine Schramme!

Auch Umfragen zeigen, dass Helmträger mehr Kopfverletzungen haben, oder dies zumindest glauben. Wassermann befragte 516 Radfahrer, von denen 40 (7,8%) Helme trugen. Die Frage, ob sie in den letzten 18 Monaten Stürze mit Kopfverletzungen erlebt hatten, bejahten 20% (8) der Fahrer mit Helm, aber nur 2,7% (13) der Fahrer ohne Helm.

Zusätzlich sollten Helmträger rein physikalisch öfter mit den Kopf aufkommen. Denn der Kopf ist mit Helm knapp 10% schwerer und hat einen beträchtlich grösseren Umfang.

Mir persönlich ist eine Radfahrerin aus Tübingen bekannt, die im Stand vom Fahrrad auf den Hinterkopf gefallen ist. Ein Unfall, der z.B. beim Eislaufen öfter vorkommt, und bei dem normalerweise gar nichts passiert. Bei ihr hat aber der hinten sehr dicke Helm dazu geführt, dass sie einen heftigen Schlag in den Nacken bekam. Sie war danach schwer geschädigt, und konnte erst nach einem Jahr mit medizinischen Behandlungen wieder radfahren.

Schliesslich ist ein Unfall oft ein in jeder Hinsicht einschneidenes Erlebnis. Dem Fahrer wird erschreckend bewusst, wieviel Wucht in seiner Bewegung steckt. Es ist immer auch eine Niederlage für die eigene Fahrkunst. Da ist es gut, wenn man wenigstens etwas richtig gemacht hat, und einen Helm getragen hat. Das ist eine ganz normale, das Selbst stärkende und stabilisierende Reaktion. (Typisch auch: eine gutes Prüfungergebnis liegt an einem selbst, ein schlechtes am Prüfer).

Auch wenn Sie ihren Freund gut kennen und ihm vertrauen. Beim Beurteilen seines eigenen Unfalls ist er befangen. Da sind Statistiken, die die Erlebnisse von tausenden oder gar millionen Radlern zusammenfassen, viel besser geeignet.


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