Fahrradhelm & Sicherheit - Die Quellen

Übersichtsarbeiten

[1] Schweizerische Velokonferenz Info-Bulletin. 2004, 39 Seiten.
Kritische, fundierte und umfangreiche Besprechung der Fakten aus Anlass der drohenden Helmpflicht. Zitat: "Ein unnützes Wunder aus Styropor".
[2] Faktenbuch Helm 2006, 45 Seiten.
Auch eine Arbeit aus der Schweiz (IG Velo, Partnerorganisation des ADFC). "Vor allem Rotationen des Kopfes bei Unfällen sollten genauer untersucht werden. Einerseits können Rotationen zu schweren Verletzungen, unter anderem Hirnverletzungen führen. Andererseits kann der Helm kaum dagegen schützen, im Gegenteil ..."
"Die Velohelme schützen vor allem gegen oberflächliche Verletzungen und eventuell auch Schädelbrüche, denn die Schlagwirkung wird auf eine grössere Fläche verteilt. Ausgerechnet Hirnverletzungen, die im Zentrum der Helmdiskussion stehen müssen, weil sie zu Behinderungen führen können, werden weniger gemildert."

[3] Wirksamkeit von Fahrradhelmen2012, Dr.rer.nat Ingo Keck
Warum die bei Ärzten beliebte Fall-Kontroll-Studien in die Irre führen.
Welche Schäden durch Helmtragen entstehen.

Originalarbeiten

Wirkung von Helmplicht

Die Anzahl polizeilich erfasste Unfälle werden über einen Zeitraum betrachtet, in dem sich die Helmtragequote deutlich ändert.
Vorteil: eine grosse Zahl von Unfällen wird erfasst. Die statistischen Fehler werden kleiner.
Es werden die realen und dem Radverkehr interessierende Verhältnisse passabel abgebildet.
Nachteil: Andere im Beobachtungszeitraum auftretende Ereignisse verzerren die Daten.

[10] Studie von Dorothy L. Robinson zu den Auswirkungen der Helmpflicht in Australien, 1996 Zusammenfassung im Forschungsdienst Fahrrad Nr. 282 . Die erste Arbeit, die Ergebnisse der Helmpflicht in verschiedenen australischen Bundesstaaten betrachtet. Es zeigt sich, dass nur die Zahl der Radfahrer um 24-36% innerhalb eines einzigen Jahres nach der Helmpflicht zurückgeht. Die Zahl der Kopfverletzungen bleibt etwa gleich, besonders wenn man die Wirkung einer gleichzeitigen Sicherheitskampagne für den allgemeinen Verkehr berücksichtig.

[11] Scuffham, P.A., & Langley, J.D. zu Auswirkungen der Helmpflicht in Neuseeland Auch eine Vorher-Nachher-Untersuchung. Aber mit einem Trick, um andere, gleichzeitige Effekte auszuschliessen: Es wurde das Verhältnis aus Kopf- und Körperverletzungen betrachtet. Sollten Helme wirken, müssen im Verhältnis mehr Körperverletzungen als vor der Helmpflicht auftreten. Ergebnis: keinerlei Effekt feststellbar.
Scuffham, P.A., & Langley, J.D., Trends in Cycle Injury in New Zealand Under Voluntary Helmet Use, in: Accident Analysis and Prevention (Vol 29, No. 1, pp 1-9, 1997)

[12] Christopher Carpenter, Mark Stehr: Gewollte und ungewollte Konsequenzen von Helmpflichtgesetzen für Jugendliche Die Autoren untersuchen die Wirkung von Helmpflicht in verschiedenen US-Staaten. Da die Staaten die Helmpflicht zu anderen Zeitpunkten einführten, können mit einer mathematischen Methode Störungen herausgerechnet werden. Es wird nur die Wirkung auf tödliche Unfälle mit Kfz geprüft. Bei den Erwachsenen gibt es keine Veränderung, bei den Jugendlichen sinkt die Zahl der Toten um acht pro Jahr (19%). Gleichzeitig gehe die Fahrradnutzung um 4-5% zurück. Die zurückgelegten Strecken sinken vermutlich noch weiter, die Autoren haben hier Einzeldaten mit 11% Rückgang. Damit ist wohl mindestens die Hälfte der 19% auf die verminderte Radnutzung rückführbar. Bemerkenswert ist der sehr geringe Rückgang der Fahrradnutzung und die viel geringere Zunahme der Tragequote (10-35%) im Vergleich zu Australien und Neuseeland.
Mit Standardmethoden aus Motorradhelmen gerechnet sollte die Helmwirkung nur 4.2% betragen. Die Forscher diskutieren, dass es noch etliche weitere Faktoren gibt, die die Helmwirkung zu hoch erscheinen lassen. Z.B. dass die jungen Radler durch Reflektoren am Helm und an neuer Kleidung gleichzeitig auch sichtbarer wurden, Informationskampagnen bei der Einführung der Helmpflicht, vorsichtigere Kfz-Fahrer etc.
Die Autoren betonen, dass der unerwünschte Effekt des Rückganges der Fahrradnutzung zu Kosten führen können, welche die Vorteile mehr als ausgleichen. Auf ein gerettetes Leben kommen 81000 Kinder, die nicht mehr Radfahren, und daher viel mehr unter Asthma, Übergewicht, Diabetis etc. leiden.
Bewertung: pfiffige Mathematik, leider zu wenig Fälle und zu ungenaue Daten zur Fahrradnutzung.

Hier können Sie lesen, was die Presse darüber berichtete. Bemerkenswert wie sich die Akzente verändern.

Medizinische Studien

Meist von Kliniken erhobende Daten über Patienten. Nachteil: sehr geringe Fallzahlen, daher grosse statistische Fehler.
Starke Überbetonung medizinischer Aspekte,
Schlechte Methodik (Fallkontrollstudien),
Helmwirkung wird oft von vornherein vorausgesetzt (voreingenommen = unwissenschaftlich)

[13] Cochrane Review: Helmets for preventing head and facial injuries in bicyclists Thompson RS, Rivara FP, Thompson DC.
Das Cochrane-Institut bewertet medizinische Arbeiten. Die Autoren haben keine guten, stichprobenkontrollierten medizinischen Studien gefunden (s.o.). Daher wurden Fallkontrollstudien (s.o.) ausgewertet. Eine phantastische Reduktion von Kopfverletzungen um 63%-88% wurde gefunden. Die Autoren haben überwiegend ihre eigenen Studien verwendet und andere unschöne Methoden angewandt. Selbst die berüchtigte "Seattle-Studie" ist bei dieser Zusammenschau dabei.
Ein Review soll kritisch die vorhandene Literatur prüfen. Unvereinbar mit wissenschaftlichen Standards ist es, wenn der Prüfer sich selber prüft. Hier hat das Cochrane-Institut, der "Goldstandard" der Medizin, seine eigenen Standards grob verletzt.
Hinzu kommt, dass die Autoren mit den wissenschaftlichen Methoden auf Kriegsfuss stehen. Gerade diese Autoren haben die berüchtigte Seattle-Studie verfasst, und sich damit disqualifiziert. Eine Auftragsarbeit für einen Helmersteller übrigens.

[14] Möllmann, Rieger, Wassmann: Spezifische Unfallmechanismen von Fahrradverkehrsunfällen 3395 Schädel-Hirn-Trauma (SHT) Patienten wurden untersucht. 337 (10%) hatten einen Fahrradunfall (36% Freizeit, 28% Hausarbeit, 15% Arbeit, 11% Verkehrsunfall). Es wurde keine signifikante Differenz im SHT-Aussmass bei behelmten Fahrradfahrern im Vergleich zu den übrigen gefunden.

[15] Patrick Crocker: Alcohol, bicycling, and head and brain injury: a study of impaired cyclists' riding patterns R1 Crocker untersuchte 200 Radler mit Kopfverletzungen. Er findet keinen Einfluss von Helmtragen, aber einen hohen von Alkoholgenuss. Bemerkenswert: Crocker ist ein Pro-Helm-Aktivist .

[16] Richter, Otte, Haasper, Sommer, Knobloch, Probst, Westhoff, Krettek: Aktuelle Verletzungssituation von Fahrradfahrern Prospektiv am Unfallort und der erstversorgenden medizinischen Institution erhobene Daten von verletzten Fahrradfahrern des Zeitraums 1985 - 2003 wurden auf folgende Parameter hin untersucht: Kollisionsgegner, Kollisionsgeschwindigkeit (Kv, km/h), Verletzungsschwere und -art. Gefundene Kollisionsgegner: PKW 65,8%, Nutzfahrzeug 7,2%, Fahrrad 7,4%, stehendes Objekt 8,8%, mehrere 4,3%, andere 6,5%. Aussagen zur Helmwirkung sind veraltet, siehe [17].

[17] Otte, Haasper, Wiese: Wirksamkeit von Fahrradhelmen bei Verkehrsunfällen von Radfahrern auf Kopfverletzungshäufigkeit und Verletzungsschwere Fortschreibung der obigen Daten (2008). Diesmal sind seriösere Aussagen zur Helmwirkung möglich, da wesentlich mehr Unfälle mit Helmträgern betrachtet werden konnten. Leider einige kleine Fehler in den Zahlen. Ergebnis: 18% weniger Kopfverletzungen bei Helmträgern. Die untersuchten Helmträger verhielten sich deutlich anders als die Helmfreien, sie fuhren viel öfter auf Radwegen zum Unfallzeitpunkt. Damit sind auch diese Daten nur eingeschränkt verwendbar.

[18] Gutsche, Hintzpeter, Neuhauser, Schlaud: Helmtragequoten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland und vermeidbare Kopfverletzungen bei Fahrradunfällen Die Autoren vom RKI in Berlin berechnen aufgrund der Daten aus [13] eine positive Wirkung von verstärktem Helmtragen bei Kindern. Da die Arbeiten von Thompson/Rivara fehlerhaft und wertlos sind (s.o.), ist es diese Studie auch. Nützlich aber die Diagramme zur Helmtragequote von Kindern und Jugendlichen. Interpretation: Sobald diese alt genug sind, um sich gegen ihre Eltern durchzusetzen, verweigern sie das Helmtragen. Oder hören mit dem Fahrradfahren auf.

Faktensammlungen

[30] Verschiedene Helmstandards Snell, ANSI & Co

[31] Hardshell - Das Fahrradhelm Magazin Viele Fakten und interessante Auswertungen zum Thema

[32] BikeRisk: Risiken des Radfahrens im Alltag (2011)
Sehr viele Materialen, Unfallzahlen pro Altersklasse und Verkehrsmittel, Abnahme des Unfallrisikos mit der Zunahme der Radler, usw.

Zum weiteren Lesen:

[40] Daten, die wir der Helmpflicht in West-Australien verdanken
Dank Helmpflicht sind es sehr viele. Interessant zu lesen. Z.B. dass die Helmpflicht besonders Frauen vom Fahrradfahren abhält. Englisch.

[41] BICYCLE HELMET RESEARCH FOUNDATION
Eine sehr umfangreiche Informationsquelle, hier werden praktisch alle Fragen beantwortet. Englisch.

[42] The VEHICULAR CYCLIST vehicular cycling - news, views, facts and figures. Neuigkeiten, Ansichten, Fakten, Bilder - zum Thema Helm. Ein Nachrichtendienst.

[50] Der Spiegel: Helm auf oder Helm ab? Im Gegensatz zu sonst wird hier wenigstens versucht, ausgewogen über die Helmproblematik zu berichten. Leider sind die Zeitreihenanalysen aus Australien und Neuseeland (s.o.) nicht berücksichtigt.

[51] TAZ: Wie nützlich ist der Fahrradhelm? Auch ein für deutsche Verhältnisse sehr gut recherchierter Artikel. Sogar mit Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Praxis.

Diskussionen, Überlegungen und Meinungen

Zitat Dr. George Shively, The Snell Memorial Foundation: "... helmets will mitigate the effects of falling off your bicycle and striking your head... If a cyclist is accelerated by a car, then the helmet will not work and will not prevent a severe or even fatal injury"

Sydney School of Public Health Laut dieser Studie kann ohne jede Investition der Radverkehrsanteil in Australien, verdoppelt werden, wenn dort die Helmpflicht abgeschafft würde. Zusammenfassung hier.

Ciesla: Velohelme, Sinn oder Unsinn? Interessant hier die die Daten zur Schweiz, mit einer hohen Helmträgerquote. Ein Effekt auf die Verletzungen ist nicht erkennbar.

Christian Wöhrl: Infoblatt: "Der Radhelm. Fragen, Mythen, Hypothesen und Fakten als Beitrag zur Meinungsbildung."

Cyclists Rights Action Group Umfangreiches Material zu Helmen und Helmpflicht, Fokus: Australien. (Englisch)


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