Experten

Auf den ersten Blick scheint es, als ob Helmtragen ein medizinisch-technisches Problem ist. Daher ist es naheliegend, Ärzte und Polizisten zu fragen. Ärzte haben ein Hochschulstudium absolviert, kennen sich oft mit Unfallfolgen aus und sind die Berufsgruppe mit dem höchsten Ansehen.

Beim genaueren Hinsehen zeigt sich aber, das die Kenntnisse der Ärzte die Erfordernis haarscharf verfehlen. Es ist eben nicht so, dass ein Experte für Unfallaufnahmen (Polizist) oder Unfallfolgen (Chirurg), automatisch auch ein Experte für Unfallvermeidung ist.

Denn die rein mechanische Betrachtung von Helmen und Unfällen führt völlig in die Irre. Ärzte überlegen im Nachhinein, ob sehr spezielle Schäden wohl durch Helme vermindert worden wären. Oft wird z.B. das Schädel-Hirn-Trauma betrachtet. Dieses tritt aber nur bei 0.5 % der verletzten Radler auf [17]. Für das Unfallgeschehen fast bedeutungslos.
Wichtig ist für den Radler dagegen, welchen Erfolg ein Helm insgesamt in der Praxis hat.

Hinzu kommt, dass Polizisten, Unfallchirurgen usw. durch ihren Beruf oft mit Unfällen zu tun haben. Das verändert das Bewusstsein enorm (→ Hegel). Dagegen ist für den Radler ein nennenswerter Verkehrsunfall ein sehr seltenes Ereignis. Sieben Erdumrundungen muss er im Mittel dafür zurückgelegen [32]. Daher werden Unfälle von Polizisten und Chirurgen stark überbetont gegenüber anderen Zielen - Bewegung an frischer Luft, Mobilitätsbedarf, mehr Lebensqualität.

Schliesslich haben Chirurgen und Polizisten am Unfallort die belastenden Aufgabe, sich um das schlimm aussehende Opfer zu kümmern. Das ist nicht einfach zu verkraften. Daher müssen sie Ventile finden, um nicht selber Schaden zu erleiden. Ohne genaue Sachkenntnis kann da schnell Abhilfe beim scheinbar Naheliegenden gesucht werden: beim Helm-Empfehlen. Diese Experten sind daher voreingenommen.

Mir ist kein Arzt oder Polizist bekannt, der für Helme gesprochen hat, und die Fakten ausreichend gekannt hätte. Oder auch nur die Normen.

Daher man kommt um den Aufwand einer wissenschaftlichen Prüfung nicht umhin.


Zurück